Das Wort Kontext kommt etymologisch aus dem Lateinischen con- 'zusammen' + texere 'weben'. Wie wird etwas verwebt, mit seiner Umgebung, seinen Zeitgenoss*innen, seinen Macher*innen?
In Debatten über Raubkunst und Restitution wird den Kolonialmächten berechtigterweise vorgeworfen, Kunstwerke einem Netz aus Beziehungen, Geschichten und Praktiken entrissen zu haben. Dadurch wurden kollektive Aufladungen eliminiert und durch den europäischen Kunstdiskurs ersetzt. Künstler*innen müssen sich immer noch in diesen weißen und männlichen Diskurs einbringen. Was aber, wenn man Teil eines anderen Webstücks ist?
Als Mitglied eines oft ausgeschlossenen Netzwerkes aus selbstorganisierten Initiativen, “schreibt” Maria VMier ihre Bilder – zumindest der Bewegung nach. Auf großen Formaten formuliert sie ohne Überblick und Buchstaben, aus ihrem Körper heraus, aus dem, was ihr eingeschrieben ist. Ähnlich gestaltet sich das Entwickeln einer Freundschaft: Man schreibt im Tun, die Dramaturgie ist nur mit Distanz zu erkennen. So schwungvoll, wie es aussieht, ist die Arbeit aber nie. Mühselig ist es, die Bögen leicht aussehen zu lassen, schwer ist die unsichtbare Arbeit hinter jeder Beziehung.
Die Künstlerin ist kulturpolitisch und publizistisch aktiv, schafft Orte und Narrative für soziale Zusammenhänge, was über sie hinaus wirkt. Ihre Arbeiten entspringen diesem sozialen Gewebe, in dem ihr Körper ein Teil ist, und auf ähnliche Weise gehen sie auch über das hinaus, was sie abbilden. Sie sind in ihrer Essenz feministisch; der Körper ist dabei erotischer, spiritueller und kommunikativer Filter, der jenseits von Verbalität, aber auch in Schwesternschaft mit ihr, Platz einnimmt.
Bezüge zu esoterische Kunst der Moderne in den USA, verweisen ebenfalls auf Sinnwelten hinter dem Sichtbaren, jedoch treibt VMier die Formalität weiter. Der Kontext ihres Lebens kann nicht von ihren Arbeiten losgelöst werden, alles andere würde einem patriarchalen und kolonialen Diskurs dienen.
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