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PROJECT SPACE FESTIVAL 22

Die Stadt der Projekträume.

  • Jul 22 2022
  • Project Space Festival 2022
    is a no-profit organization based in Berlin.

Wir zeitgenössischen Subjekte leben kaum noch nach dem Rhythmus der Jahreszeiten. Es gibt keinen richtigen Moment, um die Samen zu säen oder die Ernte vor dem nächsten Regen einzubringen. Vielleicht richtet sich unser Tagesablauf nach den Kita-Öffnungszeiten,
den Großveranstaltungen der Kunstwelt, der Verfügbarkeit von Geld oder den Kernzeiten unseres Büros. Freischaffende Künstler*innen und Kurator*innen leben in den parallelen Zeitlichkeiten mehrerer „Projekte“ – mit Ankündigungen, Durchführung und Nachbereitung.

Der Rhythmus einer Stadt pulsiert durch diese Anfänge und Enden, durch Veränderung und Resistenz. Projekträume sind Momente der Mobilisierung. Sie schaffen Orte der künstlerischen Selbstorganisation, in denen sich neue Hoffnungen schöpfen lassen und die den Systemen der Verdrängung innerhalb der Stadt etwas Wirksames entgegensetzt.

Flyer für die Veranstaltung des Projektraums Cittipunkt am 27.08.2022.


Dem Scheitern einer zentralisierten “Berliner Kunsthalle” steht das kulturelle Angebot vielfältiger Projekträume gegenüber. Sie nutzen oft vernachlässigte öffentliche Räume dazu, sich mit Mitteln der Kunst gegen privatisierte Stadträume zu organisieren. Sie existieren
vielleicht im Verborgenen oder in riesigen Hallen, einige werden wöchentlich sichtbar, andere leben nur für eine kurze Zeit. Es wäre nicht richtig zu behaupten, dass alle Projekträume prekär sind, obwohl die meisten von ihnen eher von Leidenschaft als von Geld zusammengehalten werden. Es gibt kaum gemeinsame Nenner, die Projekträumen eine kollektive Identität verleihen – vielleicht abgesehen davon, dass sich ihre Zeit von der gemächlichen Zeit großer Institutionen unterscheidet.

Nur wenige Projekträume leisten sich permanente Sichtbarkeit. Als Rezipient*innen sind wir gefragt, den unklaren Rhythmen zu folgen und Wind davon zu bekommen, wenn sich etwas Spannendes ergibt. Wir folgen den Instagram-Kanälen, abonnieren Newsletter und hören von unseren Freund*innen von ihnen. Wir bewegen uns durch die Stadt zu den paar Räumen, die wir kennen, von denen wir gehört haben und über die wir dort stolpern, wo wir sie nicht vermutet hatten. Dezentralität, Unabhängigkeit, Mobilisierung an verschiedenen Orten – das ist der Beat. Jedes Project Space Festival spiegelt einen neuen Versuch, die Komplexität der Stadt begreifbar zu machen und die Praxis der Initiativen vor Vereinnahmungen zu schützen. Frischer Wind weht durch die Nischen und wirbelt Staub auf. Projekträume zeigen das Potenzial im Alltäglichen auf und eröffnen Möglichkeiten des Umdeutens. Sie leisten den wichtigsten
Beitrag dazu, experimentelle Kunstpraktiken zu ermöglichen. Sie erforschen Strategien der Erinnerung und Intensivierung. Für ein neues Miteinander und für neue Ästhetiken.

Dokumentation einer Performance im Projektraum New Fears. Foto: July Weber.


Das Project Space Festival ist dabei eine seltene Chance, das Spektrum dieser Kunstpraktiken kennenzulernen, indem es 31 Projekträumen jeweils bis zu 24 Stunden zur Verfügung stellt, um eine Veranstaltung zu präsentieren. Das Festival wurde 2014 auf Initiative von Marie Graftieaux, Nora Mayr und Lauren Reid vom Projektraum “insitu” gegründet und ging, jeweils veranstaltet von einem anderen Team, seither fünf Mal über die Bühne. 2022 findet das Festival nach einer dreijährigen Pause wieder statt, diesmal unter der Leitung des Projektraums “Kreuzberg Pavillon” (Lisa Schorm und Heiko Pfreundt).

Die Ephemerität der Projekträume geht mit dem Bedürfnis einher, verstanden und gesehen zu werden. Denn es geht darum, künstlerische Strategien und Produktion sichtbar zu machen: im Hier und Jetzt, trotz und wegen der spärlich vorhandenen Ressourcen wie Raum und Zeit. Aufgrund des unsteten Metrums, der oftmals prekären Lage und der permanenten Veränderungen der Stadt, muss auch das Konzept des Projektraums im Wandel bleiben. 

Die Tischgruppe wandert wird vom Projektraum Scherben am 19.08.2022 eingeladen. Copyright: Scherben

Teilnehmer des Project Space Festivals sind Apartament Project, BETON, CCCCCOMA, Centrum, Cittipunkt, Das Haus der Tödlichen Doris, FKA SIX, FORTUNA, La Datcha, Make-Up, Medium P, Mental Health Arts Space (MHAS), Neun Kelche, New Toni, Pansion Projects, SCOTTY, Sangt Hipolyt, Scherben, Xanadu, diffrakt, gr_und, mp43, new fears, stay hungry, super bien!, uqbar, with the rubbles of old palaces, +DEDE, SPOILER, Schneeeule, WIRWIR.

To the full schedule HERE.

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Banner: Der Innenhof, in dem der Projektraum Make-Up sein Zuhause gefunden hat.
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This Contribution was released with the support of Rudolf Augstein Stiftung, Bundesverband Soziokultur, Neustarthilfe, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

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